China, Haikou - 16°C, Luftfeuchtigkeit 100%

Annähernd drei Stunden in der Luft haben uns tief in den Süden Chinas gebracht. Wir kommen Abends mit dem Schnellzug eine Station von Flughafen entfernt zu unserem Gastgeber hier. Nathan ist, wie schon so viele die wir auf diesem Trip getroffen haben ein Englischlehrer aus den Staaten. Er holt uns von der Zugstation ab und das Erkennen ist dieses Mal wieder sehr einfach, denn er ist das einzige weiße Gesicht, dass draußen wartet. Er muss heut Abend noch mit NY telefonieren und hat daher nur Zeit uns in seine Wohnung zu bringen. Sein Mitbewohner ist auch noch aus und so haben wir sie ersteinmal für uns. Es ist ziemlich schade, dass Nathan heut bis spät nachts arbeiten muss, denn er hat eine ungemein angenehme Art und nach einem Tag mit drögem Flughafenaufenthalten hätten wir ein gutes Gespräch gebrauchen können.

Immerhin bietet Floyd, der Endvierziger aus Neuseeland, als er nach Hause kommt einiges an Unterhaltung. Er ist ein Herzensguter, aber ich frage mich wie man so alt werden und immernoch so naiv sein kann. Seine Frau und sein zehnjähriger Sohn leben in Peking und er wurde nach 6 Monaten aus der Grenzgegend zur Mongolei hierher nach Haikou versetzt. Hier leben zwar wieder ein paar Millionen Menschen doch laut Floyd kann man hier nicht wirklich viel machen, nur gut einkaufen und er zeigt uns ganz stolz die angeblich orginale Polizeijacke die er gerade erbeutet hat. Im Sommer ist hier schöner (ein Satz den wir von Nathan auch noch oft zu hören bekommen). Floyd meint, dass ihn der Regen hier fertig macht. Schon bald sollen wir verstehn weshalb.

Die beiden bekommen ihre Wohnung auf dem Gelände der Schule gestellt, allerdings gewinnt zumindest das Duschbad hier bisher das Rennen um das am meisten verschimmelte. Man sieht das keiner der beiden viel mit putzen am Hut hat und Nils Kommentar dazu ist nur, dass coole Menschen oft nicht viel mit Sauberkeit am Hut haben. Der wahrscheinlich größte Makel der Wohnung ist der fehlende Heizlüfter. Draußen hat es zwar auch nachts  um die 16° allerdings fällt schon seitdem wir hier angekommen sind Nieselregen. Alles ist klamm bis feucht. Wir haben zwar unser eigenes Zimmer und darin sogar ein 1,2m Bett, allerdings ist die dicke Bettdecke feuchtigkeitsschwer. Ich bin richtiggehend überrascht, dass ich in keinem der Zimmer Schimmel sehe. Im Sommer muss es hier nach den Erzählungen Nathans richtig heiß werden, vielleicht schafft das den Ausgleich. Floyd ist sehr bemüht um unser Wohlsein und ruft Nathan sogar um Rat an als er den Reiskocher nich in Gang bringt um uns darin Dumblings (chinesische größere Tortellini) aufzutauen. Obwohl wir erst gegen 2 schlafen gehn ist Nathan immer noch nicht zurück.

 

Am nächsten Morgen als Floyd uns gegen halb 1 zum Mittagessen einmal quer durch die Stadt führen will, wacht Nathan auf und erzählt, dass er gestern im Büro beim Arbeiten eingeschloßen wurde und daher den Großteil der Nacht dort schlafen musste. Aber Hunger hat er trotzdem und so ziehn wir zu viert los. Es nieselt (und ich werde das im flogenden nicht mehr erwähnen, denn in der gesamten Zeit in der wir uns in Haikou aufgehalten habe, hat es immer genieselt). Wir laufen 20min durch die kleinen, zum Teil ziemlich verdreckten Gassen der Stadt und merken schon bald, dass Floyd ziemlich fotoversessen ist. Wir gönnen ihm den Spaß und Nathan und ich grinsen uns fortan nur an, wenn Floyd wieder irgendwo ein Bild von mir uns Nils schießen will. Kommentar Floyd: "wisst ihr so Bilder müsst ihr dann auf Facebook stellen, ich hab mehr als 700 Freunde dort und bin eine kleine Berühmtheit mit meinen Bildern aus China. Ihr müsst auch unbedingt noch einen Skorpion essen, allein schon für das Bild und die Reaktionen eurer Freunde". Das Restaurant in das Floyd uns führt ist dann relativ teuer, der Service wie immer recht chinesisch ( da wird einem der Teller hingeknallt oder auch mal Tee oder Soße ohne entschuldigung übers Shirt gegossen, aber es sind eben einfach andere Standarts was Manieren im Allgemeinen betrifft), aber wir haben trotzdem unseren Spaß. Das Highlight sind dann eindeutig die gefüllten Windbeutel die Floyd uns vorlegt, nachdem er uns vorher für 5 Minuten einfach auf der Straße hat stehen lassen und nur kurz was von Geldautomat gemurmelt hat. Natürlich müssen wir die Bäckerei dann nach unserer Speisung selbst aufsuchen und jeweils noch ein paar Windbeutel erstehen. Nathan und ich hatten es von gutem Wein und so gehts auf dem Heimweg an einem großen Supermarkt vorbei um 2 Flaschen für den Abend zu erstehn. Natürlich gibt es auf dem Weg wieder mehr als einen Fotostop. Daheim angekommen werden die nassen Kleider abgeschmissen und Musik getauscht.

Nachdem Nils und ich uns dann ein wenig mit Planung für unsere weitere Reise aufgehalten haben machen wir uns dieses Mal ohne Floyd (der gerade als wir aufbrechen erst von der Suche nach einem MP3-Player zurück gekommen ist, jetzt total happy über seinen, wahrscheinlich stark überteuerten und da billig-no-name-Technik in spätestens 2 Wochen kaputten, Fund ist). Auch in Haikou gibt es eine Rushhour und da wir mit dem Bus ans andere Ende der Stadt fahren verbringen wir über eine halbe Stunde mit einer Frau die halb auf meinem und halb auf Nathans Schoß sitzt. Durch einen Park mit vielen kreuzenden Ratten spaziert, der ja genau, im Sommer viel schöner ist und dann bei einer Essensmall angekommen. An sich sind es einfach ganz viele Restaurants die lokale Spezialitäten verkaufen, welche man dann im Innenraum verspeisen kann. Wir haben unseren Wein mitgebracht und Nathan lädt seine Accountkarte auf und uns damit zum Essen ein. Er bekommt einen leichten Anfall von chinesischen Essenseinladungen und so ist unser Tisch mehr als gut mit kleinen Tellern gefüllt. Allerdings schlagen wir uns ziemlich gut, der Wein ist besser, als alles was wir hier bisher hatten. Da unsere Gastgeber auch schon das Mittagessen übernommen haben und Nathan den Weineinkauf, drücken Nils und ich ihm jeweils rigoros 100RMB (bisschen mehr als 10€) in die Hand. Natürlich findet er einen Weg um uns doch wieder einzuladen, denn er schlägt vor auf dem Heimweg noch eine Massage zu nehmen. Und ja die wär umsonst, denn er hat sich die Accountkarte dort schon vor längerer Zeit machen lassen. Widerspruch ist zweglos nachdem wir ja schon bestätigt haben, dass eine Massage nach einer guten Idee klingt.

 

Wie in jedem Geschäft, Lokal oder Buisness hier stehen sehr viele Menschen herum, die nichts zu tun haben, aber hier arbeiten. Auch Nathan mit seinem ziemlich guten Chinesisch kann nicht verstehn, was das Problem ist, weshlab wir nicht alle drei gleichzeitig eine Massage bekommen können. Eine Vereinbarung wird getroffen, dass wir eine kurze Weile warten sollen. Amüsanterweise stellt es sich dann heraus, dass nachdem vorher 10 Minuten diskutiert wurde, jetzt doch gleichzeitig bedient werden. Doch zuvor werden uns allen kurze Schlafanzüge gegeben. Wir kringeln uns vor Lachen, denn mit den Streifen drängt sich nur ein Vergleich auf. Eine Stunde später sind wir alle gut durchgeknetet, meine Füße sogar aus mir unerfindlichen Gründen mit "Medizin" (Zimt) behandelt und das Highlight meiner Massage waren eindeutig die Kirschkernkissen die ich in Nacken und Rücken bekommen habe, während meine Füße professionel bearbeitet wurden.

Zuhause angekommen entscheiden wir uns für 500 days of summer. Auch Floyd macht beim Kinoabend mit der mit dem Gruffalo und anschließend Clockword Orange um einges länger als gedacht wird. Gegen 3 verabschiede ich mich ins Bett.

 

Nathan ist am Morgen schon wieder weg und teilt mit per SMS mit, dass er von seiner Schule den ganzen Tag zur Aufsicht eingespannt wir und daher erst spät heut Abend zurück kommt. Doch Nils und ich haben entschloßen Nathans erstem Rat zu folgen und mit dem Schnellzug 2h nach Süden zu gehn. Leider heißt das, dass wir uns nichtmehr von Nathan verabschieden können.

Floyd überrascht uns mit Windbeuteln, gekochtem Reis und ungemein leckeren Teigfleischbällchen, die er für uns an den Straßenständen zusammen gekauft hat. Wir brunchen gemeinsam und er bedankt sich überschwänglich für unsere tolle Gesellschaft und für die vielen Stunden die ich ihm in Zukunft durch meine Musik und Filme erheitern werde. Es ist wirklich schade, dass das Wetter hier so miserable ist (ja es nieselt immernoch!), denn an sich hatten wir wieder richtiges Glück mit unseren Gastgebern.

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