Indien, Jaipur - Dali-inspirationen und Palast der Winde

Nach 6,5h Ofenautofahrt (sogar der Fahrtwind durchs Fenster erinnerte mehr an Wüstensturm als an wirkliche Abkühlung) gelangen wir dank den ehrlichen Auskünften, die Kamal im Gegensatz zu uns erhält, in die kleine Straße, die den selben Straßennamen trägt, wie der gesamte Blog. Über einen Freund von einem Freund von einem Couchsurfer, bei welchem ich in Bangkok übernachtet habe, ist uns diese Adresse gegeben worden. Am Anfang wissen wir noch nicht genau ob wir hier bei jungen Leuten, welche hier ein Praktikum machen unterkommen oder ob wir irgendwem etwas zahlen müssen. Es stellt sich heraus, dass das schnugglige Haus offiziell eine Herberge ist auch wenn de facto nur die Praktikanten einer Organisation hier in jeweils allein oder zu zweit in Zimmern leben. Für 2 Nächte wird die Italienerin Francesca jetzt unsere Gesellschaft haben. Ersteinmal veranlasst sie das zu einer großen Aufräumaktion, aber an sich scheint sie über die Abweschlung nicht unglücklich zu sein.

Jaipur flirrt in der Hitze und wir sind überglücklich über die Dusche und die dicken Wände des Hauses, welche in Verbindung mit 3 leistungsstarken Ventilatoren für eine angenehme Kühle sorgen. Ersteinmal von der anstrengenden Fahrt erholt und dann mit der Italienerin und einem Brasilianer zusammen in die Altstadt Pink City und deren Bazaar gefahren. Auf dem Weg dorthin haben der Brasilianer und ich ein interessantes Gespräch über die Art der Inder und mir fällt auf, dass dieses "aus allem einen Vorteil schlagen wollen" mir in China einfach nicht unter gekommen ist. Ok vielleicht mal abgesehn von unserer ersten Taxifahrt in Peking oder der Fahrt zur chinesischen Mauer, wobei ich mir sicher bin, dass die das da genauso auch mit naiven Chinesen vom Land versuchen. Doch an sich wurde uns als Ausländer und Touristen in keinem der Restaurants oder Hostels allein aus dem Grund mehr berechnet.
Im alten Teil der Stadt, welcher zum Wohlgefallen eines britischen Herrschers einmal pinkt angemalt wurde, kauft Francesca fröhlich ein und uns gibt uns so die Möglichkeit, sozusagen mit der Ablenkung der Anwesenheit anderer Weiser, einfach mal einen Blick auf das Angebot zu werfen. Natürlich ist uns schon aufgefallen, dass die Inderinnen auf alles Glitzernde stehen. Es ist einfach nur faszinierend wie sogar die Frauen bei der Feldarbeit glitzernde Saris in allen Farben anhaben. Und hier gibt es jetzt in Hülle und Fülle kleine Geschäfte die schrecklichen Glitzerramsch, die allen voran Armreife anbieten. Die Herbergsfamilie hat eine ungemein nette und hilfsbereite Mutter, welche diese Rolle auch für die jungen Ausländer nur zu gern übernimmt. Sie hat Franscesca noch vor der Abfahrt instruiert, welche Preise für die jeweilig gesuchten Artikel fair sind. Sie ist offensichtlich eine unschätzbare Informationsquelle und noch dazu gehören für sie ihre Hausbewohner zur Familie. Das macht sich unter anderem darin bemerkbar, dass sie sagt, sie könne jederzeit angerufen werden, um einem Ladenbesitzer Klartext zu geben und falls wir doch über den Tisch gezogen werden würden, dann gehe sie da morgen hin und hole das Geld zurück.

Hungrig streifen wir dann durch die Straßen, finden seltsamerweise kein Restaurant (sollte es doch eigentlich nahe bei solch einem Bazaar geben) und steigen letztendlich in ein TukTuk um zu einer anderen Mall nahe bei unserer Unterkunft zu fahren. Dort treffen wir auch eine Gruppe von Praktikanten und deren indische Freunde und essen alle gemeinsam Dosas (große, gefüllte, indische Crepes). Danach werden 7 Mann in ein Auto gesteckt und nach Haus gefahren. Unsere beiden Abendbegleiter machen sich noch zum Ausgehn fertig und so haben Mama und ich das Zimmer ganz für uns.
Am nächsten Morgen treffen wir uns um 9 mit Kamal und fahren zum Fort Amber. Hier müssen wir den Berg hinauf und weil heute das Ende der Fastenzeit bei den Hindus ist und sich im Fort ein berühmter Tempel befindet, sind wir dabei nicht gerade allein. Beim Aufstieg sitzen an den Stufen unzählige Bettler, viele von ihnen sind verstümmelt, einige haben kleine Kinder dabei. Die Menschen um uns tragen Kokosnüsse und Schachteln mit Süßigkeiten bei sich, welche sie im Tempel opfern werden. Oben angekommen laufen wir an der lärmenden Menschenmasse vorbei, welche zum Teil den religösen Gesängen lauscht und auf Einlass wartet und zum anderen bei der Armenspeisung ansteht. Wir können ein Kombiticket für 300 Rupee erstehn und dann fröhlich durch den Palast wandeln. Hier ist der Andrang draußen nurnoch zu hören. Die Wände des Palastes sind wunderschön geabreitet und den Blick den man aus den Erkern auf die unten liegende Stadt, die Mauern auf dem umgebenden Hügeln (ja so sah das auch an der Chinesischen Mauer aus) und den See in dessen Mitte ein symetrische angelegter Prachtgarten auf einer Insel liegt, ist schlichtweg beeindruckend. Im Innenraum des Palastes findet sich dann soetwas wie eine Spiegelkammer. Wunderschöne Wandmosaike aus Glas und Kristall. Auch der Garten im Inneren ist nicht zu verachten, allerdings nur grün und nicht blümig wie der auf der Insel im Tal. Die Gemächer, die man sich dann noch anschauen kann sind nicht besonders hergerichtet und daher fühlt es sich eher an als würde man durch Kammern und Gänge nach den hübschesten Gelegenheiten zum aus dem Fenstern schaun suchen. Mittlerweile hat die Sonne mal wieder das Stadium des Brennens erreicht. Wir steigen von Berg herab und Kamal fährt uns in die Stadt zurück.

Zum City Palast. Ein weiteres Museum, welches den letzten ambitionierten Kurator wohl während der britischen Besetzung gesehen hat und demnach nach dem "viel hilft viel"-Prinzip aufgebaut ist. So schreiten wir also recht zügig an den Reihen von alten Kutschen, Kanonen, Gewändern vorbei und machen auch ganz brav in der Empfangshalle des wichtigen Menschen, dem dieser Palast mal gehört hat, keine Bilder. Zwischendruch betrachten wir das Treiben aus dem Schatten auf einer Bank sitzend. Wir haben mit Kamal abgemacht, dass er uns in 2,5h abholt und bis dahin haben wir noch einiges an Zeit. Als wir im Palast fertig sind stolpern wir auf dem Weg zum Palast der Winde über ein weiteres Weltkulturerbe und da wir ja Zeit haben und es zudem noch in unserem Kombiticket vom Morgen enthalten ist, spazieren wir hinein. Es stellt sich heraus, dass die Örtlichkeit von Palastherrscher erbaut wurde um Astrologie und -nomie zu betreiben. Um ehrlich zu sein sieht der Platz mit den seltsamen Aparaten und Bauten eher nach einer Kulisse für Dali Inspirationen aus. Wir wandeln zwischen großen geschwungenen, sich nach oben verjüngenden Treppen, kleinen treppenartigen Anrodnungen, Metallrädern und dergleichem umher. Da alles 1901 restauriert und gelb gestrichen wurde hat es wirklich etwas davon auf einem anderen Planeten zu sein, denn hintern den umgebenden Mauern kann man die Stadt und im Hintergrund sogar die Bergketten mit der Mauern und Wachtürmen sehen. Letzter Stop der heutigen Besichtigungsmarathons it der Hawa Mahal (der Palast der Winde). Fünf Stockwerke türmen sich filigran übereinander. Gebaut damit gelangeweilgte Hofdamen das Treiben auf der Straße tief unter sich durch kleine Fenster betrachten können. Sehr filigran verziehrt erfüllt die Örtlichkeit heute noch den selben Zweck wie bei der Erbauung beabsichtigt. Zwar würde man die niedrigen Geländer in Deutschland niemals für ein öffentliches Gebäude mit Publikumsverkehr durchgehen lassen und auch einiges mehr Schilder anbringen, damit man nicht durch die kleinen Gänge seinen Weg nach oben suchen muss, aber an sich wird man so ja nur zum eigenständigen Denken angehalten. Von oben können wir schon unser Auto und Kamal sehen. Es ist zwar erst 3 Uhr am Mittag, doch wir sind so viele Stunden in der sengenden Sonner herumgelaufen, dass man es uns auch sehr gut an den Nasenspitzen ansehen kann. So lassen wir uns Kamal zu unserer Bleibe fahren, genießen eine Dusche und einen Nachmittagsschlummer. Zum Abendessen streunen wir durch die kleinen Straßen der Nachbarschaft und finden in einer tollen Konditorei-indisch-Style vielversprechend aussehnde Samosas und ein sirupgetränktes Gebäck und zusammen mit dem Obst, dass ich mit Kamals Hilfe am Nachmittag noch zu normalen Inderpreisen erstanden habe, haben wir ein abwechslungsreich leckeres Abendessen auf Mamas Bett.

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