Indien, Pushkar - Erholung in der Halbwüste

Wieder sind die Termperaturen wüstenartig und das einzige was wir wollen, nach einer vierstündigen Autofahrt ist eine Dusche. Lonley Planet bringt uns zum Everest Hotel und die geben uns ein herrlich schön eingerichtetes, geräumiges Zimmer im obersten Stock, wo sich sonst nur noch das hübsch hergerichtete Dachterassenrestaurant befindet. Unser Zimmer hat sogar eine Couch und eine Klimaanlage. Da sich zweitere auch gegen die Decke richten lässt, sorgt sie für angenehme Kühle ohne krank zu machen.

Wir genießen erstmal eine Dusche, dann einen ungemein leckeren Brunch. Die Eigenarten der Inder werden durch ihre ungemein leckere Küche wett gemacht, entscheide ich.

 

Unter uns liegt Puskar. Es hat etwas herrliches so über die Häuser bilcken zu können, welche zum Großteil ein Stockwerk kürzer sind als unseres. Von Zeit zu Zeit springt ein Affe durch das stark verfallene Gebäude zu unserer linken und am Morgen lernen zwei Mädchen gleich gegenüber noch in ihren Schlafanzügen.

Insgesamt hat Puskar ein wesentlich ruhigeres, ja schon fast angenehmes Flair. Zwar redet auch hier der Sohn des Besitzers gern mal im Befehlston mit uns und das Wort Bitte ist den meisten indischen Männern wohl von sich aus fremnd, aber die ausgezeichnete Küche und der herrliche Blick wiegen stärker.

 

In den kühleren Frühabendstunden steigen wir von unserem Türmchen und streifen durch die Gassen. Natürlich liegt auch hier überall Müll, welcher die Nahrungsquelle für die Kühe, Esel und Hunde bietet. Wir streifen an den Geschäften vorbei und obwohl wir weiterhin andauernd angesprochen und angestarrt werden, ist es hier angenehmer als in jeder anderen Stadt in der wir bisher waren. An sich ist das hier auch ein kleines Kaff, irgendwo in der Halbwüste. Doch ein See (dessen Wasser unangenehm aussieht und die Müllablagerungen an seinem Ufer noch schlimmeres versprechen) zieht jedes Jahr zum heiligen Bademonat 200.000 Menschen für das rituelle Abwaschen der Sünden an. Aber schon seit mehere Jahren ist in der Gegend so wenig Niederschlage gefallen, dass das Wasser kaum Austausch erfahren hat. Es schüttelt mich allein bei dem Gedanken. Die heiligen Ghats ( Schwimmbecken aus Beton) liegen reih um den See und haben alle einen eigenen Namen. Weil die Stadt für Hindus so heilig ist gibt es hier ein Fleischverbot. Und vielleicht hat es auch etwas mit dem besonderen Stellenwert dieser Örtlichkeit zu tun, dass man hier als Tourist nicht in die Tempel darf.

 

Als es schon zu dämmern anfängt und Mama und ich uns gerade auf den Rückweg machen wollen ( bei Dunkelheit ist es nicht gerade die beste Idee als Frau hier herumzulaufen), höre ich jemanden vehemend meine Aufmerksamkeit einfordern. Doch das passiert mir hier mit meinen kurzen blonden Haaren ja ständig und somit reagiere ich wie sonst auch: indem ich ignoriere. Auf einmal steht ein junger Mann neben mir, der gerade aus einem Auto gestiegen ist. Er faselt irgendwas von Delhi, doch ich widme ihm nur einen kurzen Seitenblick. Völlig entrüstet kommt einer seiner Freunde hinzu und schreit mich schon beinahe an "ist ja eine Unverschämtheit, du hast ihn gar nicht verdient". Hä? Was? Wie bitte?! Der Groschen fällt, der Kerl neben mir saß in Delhi einmal am Nachbartisch und wir hatten ein paar Worte gewechselt. Ich bin durch den Ausbruch seines Freundes einen Moment lang perplex und komme so nur zum Anfang meines Einwandes bevor er mir über den Mund fährt und beleidigt abzieht. Männer! Indische Männer!!

Soll er doch mal einen Tag als weises, blondes, junges Mädchen mir kuzen Haaren durch die Stadt laufen, das Gestarre, die Annäherungsversuche und Anmachen abbekommen und mir dann nach mindestens 50 solcher Vorkommnisse am Ende eines einzigen Tages nicht mit Ignoranz jedem Kerl zu begegnen der einen so von der Seite anquatscht.

 

Auf unserem Weg zum Hotel wird unser vorankommen dann noch von einer offiziell wirkenden Plaskapelle verlangsamt. Eine ältere Dame steht im Mittelpunt des Geschehens und wäre die Musik nicht so fröhlich, hätte ich wohl vermutet, dass ihr Mann gestorben ist, so weiß ich mir darauf keinen Reim.

 

Kaum zurück kann ich mich nicht beherrschen, nachdem wir immer fleißig unbekannte indische Gerichte ausprobieren, kann ich heute Abend den Macaroni auf der Speisekarte nicht wiederstehn. Und zu meiner Freude stellen die sich auch als herrlich lecker heraus. Genauso wie der frisch gepresste Saft aus den örtlichen kleinen Zitronen (welche sehr viel süßer sind als unsere). Wir genießen den Abend, hören noch ab und an aus dem Straßen unter uns Musik heraufdringen und sehen den Stadtaffen beim Spiel zwischen den eng beieinanderstehenden Häusern zu.

Am nächsten Morgen fahren wir um 9 Uhr nach Ajmer, um dort einen Blick auf die equivalent heilige Stadt für die Moslems zum für die Hindus heilgen Puskar zu werfen. Schon der erste Eindruck ist viel geschäftiger, beinahe chaotisch. Unser Fahrer meint, dass man die muslimischen Städte oder Stadtteile in Indien an den besonders hohen Müllbergen erkennen könne und an den unzähligen Bettlern. Zumindest was zweiteres betrifft müssen wir ihm zustimmen. Da werden einem schoneinmal Metallschalen mehrfach vehemend gegens Bein geknallt oder an deinem Shirt gezuppelt. Als wir dann vor Dargah (Mosche + Stätte von irgendnem wichtigen Kerl) stehn, blafft mich der Security wegen meiner Kamera an. So nixe rein. Also bleibe ich erstmal auf den Stufen sitzen und Mama darf sich Innen allein herumtreiben, dann Wachablösung. Während ich da sitze werde ich zum einen skrupellos angestarrt, zum anderen gern mal unhöflich angerauntzt. Ich ignoriere es, denn auf den Stufen über mir auf der anderen Seite sitzt schon seit geraumer Zeit ein weises Touristenpaar mit ihren Schuhe, ganz wie ich auch, in den Händen. Man kann es ja immer mal versuchen den blöden Touri zu scheuchen. Nicht lange und ich bin diejenige die nach Innen geht. Der Kerl schnautzt mich doch tatsächlich nochmal wegen meiner Kamera an, obwohl ich nichtmal eine Tasche dabei habe, in welcher ich sie hätte verstecken können, der glaubt doch auch echt ich bin dämlich! Ich springe kurzerhand einmal in "Durchsuch-mich-doch-Hampelmannstellung" auf der Stelle im Kreis, was ihn zum Lachen bringt und wohl klar werden lässt, dass ich die Spiegelreflex sicherlich auch nirgends unter meinen Kleidern trage.

Innen ist es dann zuersteinmal voll, von Menschen und von Geschäften. Mir kommt der Gedanke, dass so wohl der Tempel ausgesehn haben muss, in dem Jesus seinen Rappel auf die Händler bekommen hat. In jedem Fall hat das hier eine eindeutig unseriöse Wirkung. Auch als ich einmal den Innenbereich abgeschritten bin (in die Mosche an sich komme ich nicht), wird der Eindruck kaum besser. Allerdings grummelt es in mir, als ich Männer in aller Selbstverständlichkeit Handys und KAMERAS zücken sehe, um vom "wichtigen Kerl Schrein" Bilder zu machen. Aber ja die weise Frau kann man ja schikanieren und vor der Tür warten lassen wegen ihrer Kamera. Indien. Meine nackten Füße kleben mitterweile auf Grund der dicken Dreckschicht bei jedem Schritt leicht am Boden fest. Ich werfe nurnoch kurz einen Blick in eine der zwei überdimensionalen Metallschalen in welchen sich Geldscheine mit Lebensmitteln mischen ( für die Armen, aber mal im Ernst, dass kann nicht hygenisch sein). Keine 10 Minuten hab ich mich hier drin aufgehalten. Aber ein interessantes Abenteur haben wir da an unserem Vormittag verbracht. Und die Fahrt durch die felsig-kahle Landschaft ist noch ein zusätzlicher Punkt.

 

Ich bin nur echt froh, als ich die seltamen Rückstände von meinen Füßen waschen kann, den heißen Mittag mit einem Buch über den Dächern auf der Terasse zurbinge und am Nachmittag mit MP3-Player im Ohr alleine auf Bazaarstöberei gehe. Natürlich komme ich nicht mit leeren Händen zurück und ich weiß, dass ich höchstwahrscheinlich nicht die wirklichen Preise gezahlt habe, aber doch in jedem Fall bei jedem einzelnen Stück sagen, dass der Preis lächerlich war. Meine kleine Beute findet auch von Mama Zuspruch. Ich freue mich schon wieder aufs Abendessen und wir genießen den lauen Sommerabend über den Dächern.

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