Malaysia, Kuala Lumpur - KL Invasion Week

Es war nicht so geplant, hat aber sehr gut so gepasst: ich bleibe über eine Woche bei Ahmed. Der 21 Jahre alte Ägypter ist zwar, wie ich schnell herausfinde, nicht gerade meine Kragenweite wenn man ihn in die Gesellschaft anderer Araber steckt ( KL zieht viele junge Menschen aus ölfördernden Ländern an, welche dann hier auch für große Ölfirmen arbeiten und unter denen es im Moment sehr in zu sein scheint, "ganz arg amitbionierter" Couchsurfer zu sein). Aber solange ich mit Ahmed allein bin, ist er super zuvorkommend, kocht mir sogar, obwohl er nicht kochen kann, nach meinem Reiseschlafdefiziterstschlaf bei ihm nachmittägliches Frühstück. Seine Wohnung ist super gelegen, klein und sehr sauber. Die Couch auf der ich schlafe richtig gemütlich (wenn ich auch wieder nicht größer sein dürfte als ich bin). Schnell stellt sich ein Gefühl der stummen Übereinkuft zwischen uns ein. Es ist als würden wir uns schon länger kennen. Es ist zwar nicht die Art von Verbindung die einen stundenlang in Gespräche verwickelt, aber eine, die am Abend gemeinsam "How I met you mother" schauend, das Gefühl gibt zuhause mit angenehmer Gesellschaft zu sein. Ich mache mich nützlich wo ich kann, bügle seine Hemden, mache Frühstück und er freut sich und vertraut mir von Anfang an meinen eigenen Schlüssel an und somit kann ich ein- und ausgehen wie es mir grade passt. Und da er grad diese Woche eine wichtige Prüfung an der Uni anstehen hat, nutze ich das vor allem angestiftet durch die KL Invasion Week, einer Couchsurfveranstaltungswoche, fleißig aus.

 

Jeden Tag trifft man sich, jemand gibt eine Stadtführung, gemeinsames Mittagessen in einem guten Restaurant, gleiches gilt fürs Abendessen. Danach gehts immer noch in einen Club oder in eine Bar, am Wochenende werden große Parties organisiert. Freitag auf einer Hochhausterasse, Samstag dann im Dschungel hinterm Zoo Kuala Lumpurs. Ich lerne wahnsinnig viele Leute kennen. Stelle fest, dass die hiesige Couchsurfgemeinde nicht gerade representativ ist, denn viele von ihnen haben viel Geld, mehrere Autos und man hat das Gefühl für einen großen Teil der Männlichkeit geht es vor allem darum eine Weltkarte mit weiblichen Eroberungsfähnchen auszufüllen.

Doch natürlich gibt es auch die wahren Couchsurfer, die die verstanden haben, was die Idee, die Faszination und das Gefühl Couchsurfen ausmacht. Einer davon ist mit Sicherheit Patrick. Ihn treffe ich das erste Mal am Montag, nachdem wir (verspätet durch die falsche Annahme, dass jeder Reisende sich via Handy melden kann sobald er da ist) zusammen in einer Mosche und einem Museum waren und dann erst mit dem Zug und dann mit dem Schiffchen in eine Mall fahren, welche unten doch allen ernstens integrierte Anlegestellen hat. Nachdem wir dort zu Mittag essen gehts dann zur Wohnung unseres locals und dort, als wir am späten Nachmittag mit Chips und Whiskycola am Pool liegen, taucht dann auch Patrick auf. Ein kleiner, kräftige gebauter Chinese um die 30, dessen hervorstechenstes Merkmal das Dauergrinsen ist. Doch schnell merke ich, dass ich auch sehr viel mit dem anfangen kann was er zu sagen hat. Unsere Gruppe war heute 4 Reisende stark. Ein Franzose, Arnold, wird genauso wie ich jeden Eventtage am Start sein. Sonst gibts da noch Max aus Kanada, der schon über 150 Leute in seiner WG beherrbergt hat und daher in jeder Gesprächspause eine Geschichte mit "also wir hatten diese Party in meinem Haus und ich hatte ein paar Couchsurfer aus..." anfangen kann.
Am Mittwoch taucht dann Dan auf der Bildfläche auf und ich schnappe zu Beginn nur auf, dass er professioneller Musiker ist. Als er dann etwas von "Welttournee" sagt, kann ich mich nichtmehr zurückhalten und so beweist die Welt mal wieder, dass sie klein ist, denn ich habe ihn sogar schonmal live gesehn. Bei Cirque de Soleil in Kapstadt. In den kommenden Tagen bleiben wir immer wieder beim Streifzug durch die Menge in der Gesellschaft des anderen für eingute Gespräch stecken und bevor er auf eine süße kleine, abgelegenen Insel geht, treffen wir uns noch zum Abschiedsmittagessen. Doch bei jemandem der so viel in der Welt unterwegs ist, weiß man ja nie ob man sich nicht nochmal über den Weg trifft.

Am selben Mittwoch beim Bananenblattmittagessen lerne ich auch Ragnar (Rags) kennen, aber zu dem gibts später ausführliches. Bei manchen weiß ich schon gar nicht mehr wann ich sie das erst Mal getroffen habe. Insgesamt werden mir im Laufe der Woche sicherlich um die 150 Gesichter bekannt und mit den meisten von ihnen habe ich zumindest einmal eine Gesprächsrunde geteilt.


Einziger Minuspunkt der Woche ist wahrscheinlich, dass mir bei der Jungelparty meine Tasche geklaut wird, obwohl wir sie neben unsere Köpfe gelegt hatten. Leider wird organisatorisch mehr wert auf Alkoholversorgung gelegt, als darauf, dass jeder ein Schlafplätzchen hat. So schlafe ich auf einem Balkon und so kommt es wohl auch, dass Jungs aus den Hütten an der Straße, welche wir schon den ganzen Abend haben herumlungern sehen, leicht Beute wittern. Doch immerhin finde ich nach 2h Suche den Großteil meiner Sachen im Busch wieder. Mein Pass, meine Sonnebrille und einige Kleinigkeiten sind noch da. Wie erwartet sind Bargeld und alles elektronische weg, aber so kann ich es wenigstens nur als Lehre abstempeln und habe nicht das Generve einen neuen Pass beantragen zu müssen.


Die Woche ist geprägt von ganz viel gutem Essen, von tollen Menschen und Geschichten die ich kennen lerne, von wenig Schlaf und viel schlechten Anmachsprüchen. Aber ich fühl mich pudelwohl in KL, habe Freunde hier und mit all en Verabredungen mit verschiedenen Leuten zum Abendessen und ähnlichen wird es immer schwerer ans Weiterreisen zu denken.

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