Schottland - Ankunft im Harry-Potter-Land

Es ist ein seltsamer Aufbruch, einer der sich viel ernsthafter anfühlt als die letzten Male. Und das obwohl ich jetzt schon weiß, dass ich in etwas über 3 Monate wieder nach Hause komme. Aber dieses Mal ist es ein Ausziehn für den Zeitraum von 4 Jahren. Und dieses Mal habe ich das Gefühl unvollendete Arbeit zurückgelassen zu haben. Auf der einen Seite bin ich unbändig vorfreudig, wenn ich den Berg von Dingen, die ich mitnehmen will auf meiner Couch sehe. Auf der anderen Seite ist es seltsam. Denn dieses Mal wird es kein Ausflug, dieses Mal reise ich nicht mit der Grundhaltung ab in absehbarer Zeit sowieso zurück zu kehren. Und es scheint fast, dass die Menschen um mich herum dieses Gefühl teilen. So bekomme ich Abschiedsgeschenke und ein Riesenpaket an guten Wünschen. Und dass zum Teil schon Wochen vor meiner Abreise, wo ich doch gedanklich den Weg noch gar nicht nach Dundee schaffe, weil hier so viel zu tun und denken ist.


Doch dann ist Freitag. Ein letztes Mal herrliches Restessenfrühstück von Rainers Dinner des Vorabends. Und ein wenig verzögert mit Lea ins Auto steigen und gen Allgäu Airport (man kann den Klag dieses Würfelnamens doch nur lieben oder?). Mitterweile sind meine Sachen zwar alle minutiös im Backpack und Reisetasche verstaut, aber mein Kopf ist noch nicht so weit.

Nach leichter Adressenverwirrung (nein hier ist wirklich kein Flughafen) kommen wir nur 10min später am Allgäu Airport an. So richtig ernstzunehmend sieht der nicht aus, stellt sich innen aber dann doch als sehr effizient heraus. Wieder an einem Flughafen bemerke ich die Müdigkeit in mir. Wie am Ende meiner Asienreise, nur dass der Gedankengang dazu dieses Mal ist, dass ich wahrscheinlich zu früh wieder gehe. Alles weitere ist Weltenbummlerroutine.

Bis auf den verwirrten Blick auf die Boardkarte. Hmm keine Sitznummer. Im Flugzeug stellt sich heraus „einfach alles nach 4“. Lustig und irgendwie sympathisch. Dann gibt es 2h Mittagsschlaf.

 

Ein wahrer Gentleman fragt mich kurz nach der Landung ob er mir meine Reisetasche heruntergeben soll. Ich bin so erstaunt, dass ich erstmal mein Englisch suchen muss. An der Immigartion stellt sich dann aber heraus, dass dieser Gentleman wohl keinen EU Pass hat, somit also höchstwahrscheinlich Amerikaner ist. Das andere hätte nur eine schönere Einleitung ins Land geboten. Immigration geht EU-Länder-schnell und schon steh ich auf neutralem Land in meiner neuen Heimat. Ich finde den Dialekt hier herrlich, die Menschen sind alle superfreundlich zu mir. Ja das Wetter sieht aus wie man es sich hier erwartet, aber so recht kümmert mich das nicht. Problemlos den richtigen Bus gefunden und schon gehts Richtung Edinburgh Innenstadt.

Und während wir durch einen Vorort fahren kann ich einfach nicht anders als denken, dass hier problemlos auch Harry Potter leben könnte. Mein Gastgeber Michael klärt mich später auf, dass der Eindruck nicht gerade weit her geholt ist, da JK Rowling aus der Stadt hier kommt. Die mächtigen Steinhäuser und Anwesen kreiren mit den grauen Wolken eine hervorragende Kulisse und ich bin ungemein neugierig hierher zurück zu kommen. Da Dundee nur 1,5h mit dem Zug und etwas über 2h mit dem Bus entfernt ist, wird sich das sicherlich bewerkstelligen lassen.


Ein Zugticket, ein netter Bahnangestellter, nochmal ein netter Bahnangestellter, dieses Mal mit weniger Akzent und somit ganz leicht zu verstehn und dann gondel ich auch schon durch die Landschaft. An sich könnte man meinen man wäre immernoch in Deutschland. Felder, Wiesen, Wälder. Wenn da nicht ab und an dieser Blick aufs Meer und Wasserläufe wäre.

Als der Zug in Dundee einfährt ist alles in mir neugierige Vorfreude. Und als der Bahnangestelle hier mir so bereitwillig und nett erklärt wie ich am Besten zu meinem heutigen Gastgeber finde, da denke ich mir, dass ich zurück kommen sollte um ihm eine Tafel Schokolade zu geben. Mit 25kg Gepäck stapfe ich an den Bahngleisen entlang nach Westen. Geschickterweise wohnt Michael nur 15 min von hier. Und noch geschickter ist, dass diese 15 min schon in Richtung meines zukünftigen Zimmers gehn.

Der Weg ist hübsch, aber mit dem Gepäck doch ein wenig anstrengend. 25kg im Koffer sind dann halt doch immer was anderes als auf den Schultern. Aber dann stehe ich vor der richtigen Adresse und sehe schon einen Schatten im oberen Stock winken. So geht die Tür dann auch auf sobald ich davor stehe und ich weiß sofort, dass das ein gemütlicher Abend wird.


So wird das dann auch. Wein, Pizza, Salat, Eis mit Beeren aus lokalem Anbau. Dazu viel guter Gesprächsstoff, viele Infos über die Schotten und ihr Land. Ein Vorgeschmack darauf auf wertvolle Infos zur Stadt (gutes Café, guter Metzger, guter Gemüsehändler, Mittwoch Bus mit Fischfrau, einmal im Monat Bauernmarkt). Und zu alle dem stehe ich in Nils Traumwohnung mit Traumblick auf die Eisenbahnbrücke und das Wasser. Ich habe oben ein ganzes Stockwerk für mich, die Decke ist zwar etwas niedrig, aber das störrt keineswegs. Eigenes Schlafzimmer und Bad. Und dieser Ausblick!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0