Frankreich, Paris/Lyon/Marseille/Toulouse - von Klischee, Privatflugstunde & Zeitreise

Ich kann den vielen Menschen zustimmen, die nach Paris kommen, denn diese Stadt hat wirklich etwas für sich. Die Gebäude, die Museen, die vereinzelten grünen Flecken, die beindruckenden Kirchen. Leider alles überflutet von Menschen. Wieder einmal will ich nicht wissen, wie das in der Hochsession hier aussieht. Was sagt man sonst noch so über Frankreich und seine Bewohner? Diese Stadt soll schmutzig sein, aber ok welche Großstadt außer Singapur ist das nicht?! Man muss sagen, der Zustand der öffentlichen Toiletten, auch in den Museen, ist für Mitteleuropa ziemlich unangenehm, aber nachdem man Indien überstanden hat, kommt man auch damit klar. Das Brot ist wirklich so toll, vor allem nachdem Jackie und ich jetzt schon wieder viel zu lange in einem Land waren, welches nicht einmal einen Unterschied zwischen Brot und Toast macht. Das Einzige was mir leichte Probleme bereitet ist, dass in Gruppen, und in denen halten wir uns einen guten Teil der Abende auf, immer Französisch gesprochen wird, obwohl allen bekannt ist, dass ich diese Sprache nicht spreche und alle anwesenden Englisch in der Schule hatten. Jackie meint, dass hat viel mit dem sehr auf Bestleistungen bedachten Schulsystem zu tun, welches den jungen Menschen jedwedes Selbstvertrauen für die zum Erlernen einer Sprache essentiellen Fehler nimmt. Also mache Pfannkuchen für alle, lese oder fange an einen Blog zu schreiben. Ein wenig nagt es mich schon an, aber das sehe ich mehr als Aufgabe an mir selbst zu arbeiten, als mich im Ärgern zu ergehen. Das Sprachproblem und einige andere Kleinigkeiten bringen mich zu der Aussagen, dass die Franzosen sehr wohl höflich, wenn man nach etwas fragt, aber sehr wenig umsichtig sind. Jackie und die Freundin mit der wir zusammen an diesem Tag im Louvre und einem Dekorationsmuseum unterwegs sind stimmen zu. Es sind diese Beobachtungen und die Fähigkeit sie in Worte zu fassen, welche durch mein fleißige Blog schreiben auf Reisen erwachsen. 

 

Ein TGV hatte mich für den Sparpreis von 45€ von Stuttgart nach Paris gebracht und Jackie mich zusammen mit ihrem Freund Aomar an der Zugstation abgeholt. Aomars Wohnung liegt zentral zwischen den beiden Hauptzugstationen und ist zwar klein, aber sehr gemütlich. Das Highlight der Wohnung ist ein balkontürgroßes Fenster, welches Fotohintergrund für ein Kunstprojekt unseres Gastgebers ist. Jeder seiner Besucher verewigt sich in einer Szene vor diesem Fenster und so reihen sich natürlich auch Jackie und ich ein. Es wird nicht das letzte Bad auf dieser Reise sein, welches mich verstehen lässt, weshalb Jackie es schaffte ein Jahr lang ihres in Dundee nicht zu putzen und sich zwinkernd mit der Aussage zu entschuldigen, dass ihr keiner erklärt habe, man müsse ein Bad putzen. Es scheint die meisten französischen Eltern in verschiedenen Generationen haben diese Erklärung vergessen. Aber der geübte Couchsurfer freut sich über einen gemütlichen Schlafplatz und die Möglichkeit zu duschen mehr als das ihn zweifelhafte hygienische Zustände abschrecken.

An sich ist die Konstellation mit Jackie zu reisen ideal. Natürlich insbesondere hier in Frankreich, wo sie sowohl die Sprache spricht, als auch in jeder großen Stadt Freunde hat, bei welchen wir unterkommen können. Doch auch grundlegend sind Jackie und ich hervorragende Reisekumpanen. An fast allem interessiert, willig früh aufzustehen und den ganzen Tag auf den Beinen zu verbringen. Aber auch sofort einig, dass wir weder den Eifelturm sehen müssen noch die Mona Lisa. Dafür werden die Museen der Stadt erkundet, zum Teil 12h am Tag.

 

Von Paris aus geht es mit dem Zug nach Lyon. Dort nutzen wir vor allem die öffentlichen Fahrräder, welche man sich für 30min umsonst ausleihen kann. Dies artet zu einer Tour von Radstation zu Radstation zu beiden Seiten der Rhone aus. Diese Stadt ist einfach wunderschön und mehr und mehr wird mir klar, dass ich für eine ausgedehnte Tour nach Frankreich zurück kehren muss.

Von Lyon holt uns Jackies Vater mit seinem Kleinflugzeug ab, welches ich dann sogar zum Teil steuere. So unruhig wie dieses in der Luft liegt so sehr bin ich von den weichen Landungen der Passagierflugzeuge beeindruckt, auch wenn wir sogar auf einer einfachen Wiese landen können. Jackie Eltern sind zuvorkommen und die zweite Frau ihres Vaters führt uns an einem Mittag in Marseille sogar zum Muscheln und Schnecken Essen aus. Wir machen Jackies Kleinstadt mit den Rädern unsicher und ich koche an einem Abend Curryfisch mit meinen ersten selbst zubereiteten Calamari als Vorspeise.  

Ein Bekanntschaft vom ersten Abend in Paris führt mich zu guter Letzt noch in die viertgrößte Stadt Frankreichs, Toulouse. Allerdings nur für einen verrückt ungewöhnlichen Abend. Aurelien, welcher in Kanada Musik studiert, bringt mich in eine Wohnung und gefühlt direkt in die 60er Jahre. Hier wird Swing und Jazz improvisiert, annähernd jeder der rund 20 Anwesenden hat mindestens ein Instrument dabei. Es wird aufgespielt, getrunken und geraucht bis weit nach Mitternacht ein Nachbar zögerlich um Ruhe bittet, was ich in dem alten Haus und an einem Wochentag umso beeindruckender finde. Aber damit ist die Party noch lange nicht vorbei. In den Morgenstunden suchen sich die Müden dann nach und nach Schlafplätze. Ich habe es mit einem Bett, welches als Couch dient, gut getroffen. Meine Rückfahrt mit einer Mitfahrgelegenheit misslingt und so geht es nach einem herrlichen späten Frühstück mit gebratenen Eiern und frischem Brot vom Bäcker um die Ecke mit dem Zug zurück zu Jackie.

 

Jackie und ich planen unsere Reiseabendteuer nächstes Jahr in Asien fortzusetzen, aber jetzt geht es für mich erst einmal nach Hause um in wenigen Tagen mit meiner Mum für eine Woche wohlverdient im all-inclusive LIDL-Reisen-Schnäppchen Urlaub in Tunesien auszuspannen.

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