Usbekistan, Taschkent, Rotel Seidenstraße - Erste Eindrücke von der Roteltruppe und einem politisch fraglichen Land

Nach 12h Aufenthalt in Stuttgart, ein Abendessen mit der Familie und einmal Rucksack auf den neusten Stand bringen, geht es am Donnerstag morgen um 7.28Uhr mit dem ICE zum Frankfurter Flughafen. Auftakt zu einem neuen Abenteuer. Rotel Reise 72a - Auf der alten Seidenstraße. 24 Tage in Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und China erwarten uns. 18 Reisende, 15 Deutsche, zwei Schweizer, eine Österreicherin.

Die Zugfahrt startet mit einer guten Unterhaltung, schon am Terminalshuttlebus spotte ich drei potentielle Mitfahrer, die sich dann auch am gleichen Schalter zum Einchecken einfinden. Vor 10 Jahren ging es für Mama und mich mit Rotel nach Kenia und Tansania. Jetzt endlich, nachdem wir jedes Jahr wieder sehnsüchtig durch den aktuellen Katalog geblättert haben, jetzt endlich dürfen wir wieder roteln. Das Konzept ist einfach: knallrote Trucks werden zu Overlandgefährten umgerüstet. Wir haben einen kombinierten Truck, haben also keinen Anhänger als Schlafabteil mit Schlupfkabinen sondern unsere nächtlichen Unterkünfte befinden sich im hinteren Teil unseres Trucks. 80 cm breit, 80cm hoch und 2 Meter lang mit jeweils einem Fenster, Fliegengitter, Vorhang und diversen Netzen und Haken in der Kabine. Für die nächsten gut drei Wochen wird das unser Schlafplatz sein.

 

Was das Schlafen betrifft geht es schon beim Flug mit Usbekistan Airways gut los, denn der Flug ist maximal zur Hälfte beleget und so kann ich auf drei und Mama auf zwei Sitzen nächtigen. Die Boing verfügt zwar über touch screens, diese aber nur über russische Filme und Musik, da kann man also guten Gewissens schlafen. Die Verpflegung ist ordentlich, nur die Sicherheitshinweise amüsieren, denn Englisch scheint keiner der Mitarbeiter an Board oder in der Druckerei so recht zu beherrschen.

 

Die Einreise gestaltet sich mit Gruppenvisum und zum Teil stark verzögerter Kofferausgabe als spannend. Maria wird unsere Reiseleiterin für die nächsten Wochen sein und nachdem wir nur wenige Minuten zum sowetunionszeitgroßen Hotel gefahren wurden, erwarten uns Wasser, ein Kartoffelstreifen in Teig oder Wurst mit Teig umhülltes Abendessen und die Schlafkabinenverteilung. 6 und 7 ganz oben (es wird in drei Reihen übereinander geschlafen) bekommen wir. Dank drei Stunden Zeitverschiebung ist es schon später Abend und so überwinden wir uns noch zum Duschen und dann ab ins Bett.

 

Der Rotel Tag beginnt früh und nach einem tollen Frühstücksbuffet (inclusive Tomaten und Gurkenscheiben, zwei Arten Marmelade und vier verschiedene Sorten Tee) geht es zu Fuß durch Taschkent.

Zwei Dinge fallen auf: Wie ausgesprochen sauber und ordentlich die Straßen und Parkanlagen sind und dass eine beeindruckende Anzahl von Frauen, vor allem jüngeren Alters, richtig tolle Kleider und balanceschulend hohe Schuhe an haben.

 

Es erst regnet es, am Nachmittag stömt es vom Himmel und ein Teil der Reisegesellschaft schafft es nach deutscher Manier sich über 20° und Sommerregen zu beschweren, dass es aber genau dieser Regen und bedeckter Himmel ist, der uns eine Stadtbegehung bei 35°C erspart, wird da wohl eher nicht bedacht. Später während der 6,5h Fahrt nach Samarkand regnet es auch so fleißig, dass ich mein Küchenhandtuch zur zusätzlichen Abdichtung meines Fensters benutze. Die nachhaltigeren Spuren hinterlässt allerdings das Wasser rechts neben der Straße. Die Wassergräben sind voll, brechen zum Teil weg, die Straße wird zum See und ich bin froh, dass wir hier nicht wie andere in einem Personenwagen, sondern in einem der Aufgabe deutlich besser gewachsenem Allradtruck sitzen.

 

Das zweite Abenteuer auf der Straße ist, dass wegen der Erntezeit Hamsterkäufe auf Diesel geleistet wurden und somit das benötigte Truckfutter auf dem Schwarzmarkt erstanden werden muss. Lustig ist dann nur, dass wir auf offener Strecke Kanister für Kanister in unser auffälliges Gefährt füllen, die Polizei nach einer Weile auch kommt, aber dann trotzdem nur interessiert zuschaut.

 

Es ist Abend als wir ankommen, aber heute verköstigt nicht unser Fahrer Friedl uns, sondern das Hotel in dem wir für die nächsten zwei Nächte unseren Truck stehen haben. Zwar fällt auf, dass an jeder Ecke ein Militärmensch in dunkelgrüner Uniform steht, dafür ist es aber kein Problem mit dem Laptop auf den Stufen des Hotels zu sitzen oder allein zum Supermarkt zu laufen. Man mag von der Regierungsform, ok nennen wir es beim Namen und Diktatur, mit menschenrechtsverletzender Staatsführung an sich nicht viel halten, aber Usbekistan macht eindeutig einen guten Eindruck auf Touristen.

Das Landesgericht am Abend mundet sehr. Lammfleisch in butterzart, organge farbener Kürbis, Kichererbsen und Reis. Zur Vorspeise gab es verschiedene Salate (alles sehr lecker und erfrischend), zum Nachtisch Kirschen.

 

Wir brechen morgens nach einem frühen Frühstück auf, ich muss mich an vor 7 aufstehen noch gewöhnen, aber man will hier wirklich die noch etwas kühleren Morgenstunden zum Erkunden nutzen. Heute geht’s es zu Fuß durch Samarkand. Über Flanierstraßen, die links und rechts von großen Bäumen bestanden sind, am Denkmal des Nationalhelden vorbei von einem Weltkulturerbe zum nächsten. Ein Mausoleum, eine Medreze (eine Art Universität, gewisslich allerdings eine Bildungsstätte), gleich drei davon ein einem Platz und die mittlere zeitweise als Moschee genutzt. Alles ist in türkis und blau gehalten. Wunderschöne Steimmetzarbeiten schmücken von Außen und Innen. Fast jeder neue Raum den wir betreten ist einen Ausruf wert. Ich bin fasziniert und eingenommen von der steinernen Schönheit. Und die Menschen tragen noch weiter zum tollen Eindruck bei, denn auch ohne gemeinsame Sprache wird sich lächelnd auf gemeinsame Fotos gezogen. Im Gegensatz zum Norden Indiens fühle ich mich hier allerdings zu jederzeit respektiert. Die schönste Art des Austausches ist ungetrübte und unvoreingenommene Neugierde. Mit fünf weiteren Frauen treiben Mama und ich uns nach dem offiziellen Teil noch auf dem Bazar herum, veruschen vergebends eine Melone zu erstehen, bekommen dafür aber Brot und Kirschen und im Restaurant am Platz können Mama und ich bei hungrigen Mitreisenden großzügig lokale Spezialitäten probieren. Für den Rückweg leisten wir uns ein Taxi, den mitterweile ist es gegen drei Uhr Nachmittag und die Beine sind müde. My, die älteste  in der Gruppe ist trotz ihrer 84 Jahre klaglos das gesamte Tagespensum mitgelaufen und hat die Abflussgräben auf dem Bazar im Gegensatz zu mir ansatzlos überwunden. Ich wäre mehr als dankbar, wenn ich in dem Alter auch noch so gut beisammen und körperlich fit bin und zudem noch die Neugierde und den Willen zum einfachen Leben auf Tour hätte. Aber natürlich verpflichtet es auch die Jüngste in der Gruppe zu sein und gute Englisch Kenntnisse zu haben. Im Kleinen versuche ich zu helfen. Zum Beispiel indem meine zwei Mitfahrer schon im Taxi sitzen und ich mit der anderen Dreiergruppe versuche erst noch einen fairen Preis auszuhandeln bevor es zurück zum Hotel geht. Sich für drei Personen um die 40min Fußweg zu sparen kostet weniger als ein Liter Cola. Unser Taxifahrer scheint das Hotel nicht zu kennen, aber der Aufmerksame Reisende ruft dann eben beherzt durch die Verkehrsgeräuschkulisse „stop“.

 

Den Nachmittag erkläre ich zum Waschtag, helfe Abends noch bei den Essensvorbereitungen und schreibe brav sechs Postkarten nach Hause. Den siebenjährigen Rum aus dem Duty Free genießen wir im Plastikbecher mit kalter Cola und mitgebrachtem Zitronensaft. Kurz vor dem (herrlichen!) Abendessen erhalte ich meine Einladung zu den Mitreisenden aus der Schweiz. Ein herrliches älteres Prächen, bei dem er nicht müde wird zu betonen, dass sie jetzt gleich 50 Jahre verheiratet sind und er seine Frau nochmal heiraten würde. Später beim Bier mit unserer Crew schaffe ich es sogar noch ihn zum Ceildhi tanzen zu bekommen. Es ist einfach beeindruckend, welch eine Ansammlung von tollen Reiseerfahrungen und Lebensgeschichten wir hier haben und natürlich kratzen wir am dritten Tag erst an der Oberfläche. Es gibt drei Eltern und Kindgespanne in der Gruppe, wobei wir das jüngste sind. Und neben den Schweizern, die in der Kabine unter uns schlafen, gibt es noch ein über Jahrzehnte verheiratetes deutsches Pärchen. Zum Teil habt man schon über 20 und eine sogar über 30 Roteltouren mitgemacht. Nur die Schweizer und wir sind soweit ich das mitbekommen habe gerade einmal erst auf der zweiten Roteltour. Bewundernswert finde ich es, sich im Rentenalter noch auf eine solch abenteuerliche Art des Reisens einzulassen. Natürlich bleibt der ein oder andere unnötige Kommentar da nicht aus und natürlich geben sich Teile der Gruppe ab und an Mal der deutschen Kultur des Bemängelns und Beschwerens hin, aber insgesamt überwiegen die interessanten Gespräche und der Gedankenaustausch, welche definitv schon jetzt ein großes Highlight dieser Reise sind.

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Kommentare: 1
  • #1

    Dieter Habl (Samstag, 21 Februar 2015 17:10)

    Sehr schön beschrieben, interessant wie junge Leute diese doch nicht so alltägliche Reise durch Zentralasien erlebt haben, versuche noch mehr zu finden, was du von unserer gemeinsamen Reise zu Papier(text) gebracht hast